Initiative: Pestizidverbot in der Schweiz

Als Mitinitiant und offizieller Medienpartner der Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» setzt sich «Petri-Heil» für die Fischwelt ein. Fischen hat mich schon als kleiner Bub fasziniert – und tut es gut ein halbes Jahrhundert später immer noch. Am liebsten stelle ich heute Forellen und Äschen mit der Fliege nach. Aber immer öfter werde ich enttäuscht: Was heute noch als «Abendsprung» bezeichnet wird, ist ein Bruchteil dessen, was früher üblich und normal war. Nur noch hier und dort sehe ich einen Fisch, der nach Fliegen steigt. Warum sollte er auch – es fliegt ja kaum mehr etwas! Wo ich früher in ganzen Wolken von Eintagsfliegen und Sedges stand, sind heute nur noch wenige Mücken zu sehen. Kein Wunder, werden doch in der Schweiz fast 2200 Tonnen Pestizide Jahr für Jahr auf die Felder gespritzt. Das sind rund 4,5 kg hochaktives Gift pro Hektare – doppelt so viel wie in Deutschland oder Österreich! Beim nächsten Regen gelangen diese Giftstoffe in unsere Bäche, Flüsse und Seen. In vielen Gewässern werden die gesetzlichen Grenzwerte für Pestizide seit Jahren regelmässig überschritten. Meist ist die Konzentration nicht so hoch, dass Fische direkt getötet werden. Aber: Was Insekten auf dem Feld tötet, tötet sie auch im Wasser! Über 400 Wirkstoffe sind zugelassen – offiziell also «unbedenklich». Tatsächlich sind aber die langfristigen Folgen auf unsere Ökosysteme kaum bekannt. In einer Untersuchung der EAWAG wurde in unseren Gewässern ein Pestizidcocktail von über 100 Stoffen festgestellt. Wie diese Stoffe sich gegenseitig beeinflussen, ist ebenfalls weitgehend unbekannt. Was sie aber gemeinsam bewirken, ist offensichtlich. Der ungebremste Pestizidgebrauch hat zu einem Rückgang nicht nur vieler Insekten­arten, sondern auch zu einem massiven Rückgang der Gesamtinsektenbiomasse um gut 80 Prozent geführt. Neue Insektizide wie etwa Neonicotinoide sind rund tausendmal giftiger als das heute verbotene DDT! Die neurotoxische Wirkung ist verheerend – die Tiere verhungern schlichtweg durch Desorientierung.
Fische ernähren sich zu über 70 Prozent von Insekten und deren Larven im Wasser. Das Wachstum der Fische, nicht nur der Forellen und Äschen in Fliessgewässern, sondern auch von Egli und Felchen in unseren Seen, ist direkt vom Nahrungsangebot abhängig. Wenn dieses durch Pestizide reduziert wird, nützt auch die schönste Renaturierung wenig. Auch Naturbrut oder Besatz wird ganz einfach verhungern. Vielleicht der Grund, weshalb Besatzmassnahmen vielfach nicht die erhoffte Wirkung zeigen?

Dass es auch anders geht, zeigen über 6000 nachhaltig denkende Bauern der Schweiz. Sie verzichten vollständig auf den Einsatz von chemischen Pestiziden. Sie produzieren hochwertige, giftfreie Produkte, die guten Absatz zu wesentlich besseren Preisen als pestizidbelastete Standardware finden. Sie beweisen es: Neue Techniken und Pflanzensorten oder biologische Schädlingsbekämpfung können die Giftspritze ersetzen! Die aktuelle Krise der Landwirtschaft in der Schweiz ist ursächlich mit der industriellen Agronomie und diese wiederum mit den synthetischen Pestiziden verbunden.
Eigentlich wäre es möglich, pestizidfrei Landwirtschaft zu betreiben, ohne grosse Einbussen an der Produktion und mit höherer Wertschöpfung für unsere Bauern. Und wir als Fischer, Konsumenten und Steuerzahler müssen die Frage stellen, ob wir noch Bauern mit Subventionen unterstützen wollen, die unsere Gewässer und schliesslich auch uns selbst vergiften. Hier setzt die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» an: Chemisch hergestellte Pestizide sollen ohne Ausnahme verboten werden. Die Fischer und deren Organisationen haben, nicht zuletzt aufgerufen durch «Petri-Heil», wesentlich dazu beigetragen, die Initiative zu finanzieren. Jetzt gilt es, die nötigen 100 000 Unterschriften für eine Volksabstimmung möglichst schnell zu sammeln. Helfen Sie mit, unterschreiben Sie, überzeugen Sie Ihre Freunde, Nachbarn, Mitarbeiter! Nur so können wir eine nachhaltige und hoffentlich wieder ertragreiche Fischerei in sauberen Gewässern in Zukunft sicherstellen.

Autor: Rolf Frischknecht, Tierarzt, in Petri-Heil, 27.03.17
https://www.petri-heil.ch/pestizidverbot-in-der-schweiz/