Ein neues Paper von Hannah Feltham, Kirsty Park und Dave Goulson aus der Arbeitsgruppe von Prof. Goulson (Univ. Essex) zeigt, dass die Effizienz der Pollensammeltätigkeit bei Hummeln durch Imidacloprid massiv beeinträchtigt wird; und das schon bei Konzentrationen von 6 ppb (Pollen) und 0.7 ppb (=µg/kg) Imidacloprid im Trinkwasser. Leider spricht das Papier manchmal inkorrekt von "doses", statt von "concentrations", und liefert damit wieder unnötige Angriffspunkte für Kritik. Die Konzentrationen wurden "Feld-realistisch" gewählt, orientiert an Konzentrationsmessungen von Prof. Bonmatin in Pollen und Nektar von Raps (aus Imidacloprid-gebeiztem Saatgut). Diese Konzentrationen liegen im sublethalen Bereich.
6 Völker wurden randomisiert, aufgeteilt in 3 Kontrollen und 3 mit Imidacloprid-Behandlung, wobei alle Völker 2 Wochen lang im Labor gehalten wurden. Alle Hummeln (bombus terrestris) wurden mit 3 mg schweren RFID-Chips versehen, um das individuelle Verhalten der Tiere verfolgen zu können. Nach 2 Wochen Laborhaltung ohne Sammeltätigkeit wurden die Tiere freigelassen (Stadtgebiet von Sterling{Schottland}; Abstand zur nächsten Farm > 1 km). Jeweils die ersten 12 Tiere, die den Stock verließen wurden eingefangen und mit RFID-Chip versehen. Beim Aus- und Einflug wurden Identifikation und Gewicht jeweils automatisch gemessen und gespeichert. Ausgewertet wurden nur Sammelflüge; Rückkehr bei gleichem Gewicht wie beim Abflug oder Gewichtsverlust wurden als Orientierungs- oder Defäkationsflüge gewertet, und ausgeschlossen.
Während die Sammeleffizienz bei Nektar keine signifikante Beeinträchtigung durch die Imidacloprid-Vorbehandlung zeigte,brachten die vorbehandelten Tiere seltener Pollen zurück als die unbehandelten (40% gegen 63%, und im Durchschnitt pro Stunde 31% weniger Pollen als die Kontrolltiere. Die Autoren vermuten, dass die stark verminderte Fähigkeit zur Produktion von Königinnen (~-90%) unter Imidacloprid-Behandlung aus der vorangegangenen Studie von Whitehead et al. (2012) zumindest zum Teil aus dieser Verminderung der Sammeltätigkeit erklärt werden kann. Die Sammeltätigkeit von Pollen wird durch die über 2 Wochen angewandte Vorbehandlung mit der o.g. Imidacloprid-Konzentration in Wasser und Pollen -grob geschätzt- während der Imidacloprid-freien 4-wöchigen Sammelperiode um 56% vermindert (=1-0.40/0.63*(1-0.31)).
Das ist ein Experiment, und das mit nur 6 Völkern insgesamt. Es wäre wichtig, dieses Experiment an mehreren Standorten zu wiederholen, und auch bei der Honigbiene. Trotz einiger methodischer Schwächen - dieses Ergebnis bietet keinen Anlass für Entwarnung in Sachen Neonikotinoide! Es zeigt auch, dass die Vermeidung der Verwehung von Beizstäuben das Problem der Bienenschädigung nicht grundlegend löst. Die Gefährdung durch die systemische subakute bis subchronische Toxizität für Bienen (und auch viele andere aquatische Non-Vertebraten, Frösche und Vögel !) bleibt bestehen. Nicht zu reden von den komplexen Wechselwirkungen mit Viren, Nosema und Varroa.
Mutmaßlich werden ähnliche Befunde für die gesamte Klasse der Neonikotinoide nachzuweisen sein, zu denen die EFSA nur für 3 Substanzen und nur vorübergehend für 2 Jahre ein Anwendungsverbot bei Pflanzen erlassen hat, die als Bienenweide bekannt sind. Ein derart eingeschränktes Verbot wird zum Schutz der Bienen nicht reichen.
Autor: Dr Anton Safer
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