In Frankreich war die Aussaat von Genmais bislang nicht erlaubt. Allerdings hat das oberste Verwaltungsgericht dieses Anbauverbot gekippt. Nun sucht die Regierung nach juristischen Mitteln, um die Maissorte MON810 weiterhin von französischen Äckern fernzuhalten. "Diese Entscheidung schockiert uns zutiefst", sagt Olivier Belval. Er ist der Präsident der Nationalen Imker-Union in Frankreich. Zum wiederholten Mal bekam der US-Konzern Monsanto recht, diesmal vor dem obersten Verwaltungsgericht, dem französischen Staatsrat. So wankt das Verbot für den Anbau des genmanipulierten Mais MON810 erneut, das zunächst unter der konservativen Regierung 2007 und 2008 verhängt und das 2012 erneuert worden war.
In der Sachverständigenkommission, die damals herausfinden sollte, ob das Produkt aus dem Hause Monsanto gefährlich für Umwelt und Gesundheit sei, saß damals auch Philippe Martin. Ein strikter Gegner von Genmais. Heute ist er Umweltminister. Gemeinsam mit seinem Kollegen im Ressort Landwirtschaft, Stephane Le Foll, versuchte der Minister die Gemüter zu beruhigen, um andere Saatkulturen und die Bienenstämme nicht zu gefährden.
Die Politik ist also entschlossen, die richterliche Entscheidung zu umgehen. "Das ist möglich", erklärte die Europa-Abgeordnete und frühere Umweltministerin, Corinne Lepage. Schließlich habe die Justiz sich auf EU-Recht bezogen und auf formelle Fehler in der französischen Begründung für das Anbauverbot hingewiesen.
Die Autorisierung für den Anbau von MON810 sei auf Gemeinschaftsebene 2007 ausgelaufen, erläuterte Lepage im französischen Rundfunk. Die neue Verordnung sei in Arbeit und deshalb gebe es derzeit formell keine Pflicht auf EU-Ebene, den Anbau zuzulassen.
Diese juristische Grauzone müsse Paris nutzen. Die Argumente seien aufseiten Frankreichs, denn neue Untersuchungen aus dem Jahre 2012 zeigten, welche Gefahr von den BT-Toxinen im genmanipulierten MON 810 für den Menschen ausgehe:
Mit französischer Unterstützung müsse noch vor Ablauf der Legislaturperiode für das Europaparlament im kommenden Jahr ein Text auf den Tisch, der es jedem Land ermögliche, den Anbau zu untersagen, wenn gewünscht, sagte Lepage.
"Es wird Zeit, dass man uns nicht mehr wie Versuchskaninchen behandelt!"
Die Entscheidung der Richter, die dem US-Konzern Monsanto die Tür zum Anbau von genmanipuliertem Mais in Frankreich wieder aufgestoßen hat, schürt inzwischen die antieuropäischen Töne. Die Chefin des rechtsradikalen "Front National", Marine Le Pen, gab eine Erklärung heraus. Das Urteil zeige, wie gering Frankreichs Spielraum sei. Es werde Zeit, und ihre Partei setze sich dafür ein, dass nationales Recht wieder über europäisches Recht gestellt werde. Und die empörten Imker Frankreichs stießen ins selbe Horn:
"Wir müssen feststellen, dass ein Land genmanipulierten Mais nicht einfach verbieten darf, wenn es seine Bevölkerung schützen will, sondern wissenschaftlich und technisch argumentieren muss",
sagte Olivier Belval. Eine Mehrheit der Franzosen spricht sich in Umfragen gegen den Anbau von genmanipuliertem Mais aus und hält die Entwicklung insgesamt für gefährlich. Es brauche endlich ein klares Verbot, sagte vor diesem Hintergrund Laurent Pinatel, der Sprecher der Landwirtschaftsgewerkschaft. Mit den ständigen Moratorien, die von Gerichten wieder kassiert würden, müsse Schluss sein. Bei dem Streit um den Genmais MON810 gehe es aber am Ende um eine grundsätzliche Frage …
"… ist das die Nahrung, die wir wollen? Eine Nahrung, die durch Chemie und Petrochemie produziert wird, oder eben eine, die von den Bauern kommt?"
Frankreichs Regierung hat zugesagt, das Problem zu lösen, bis im Frühjahr 2014 die neue Saat ausgebracht wird.
Quelle: Deutschlandfunk, 05.08.2013
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/2203530/
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