Naturschützer schlagen Alarm: Haussperling Passer domesticus, Pirol Oriolus oriolus und Uferschnepfe Limosa limosa werden immer seltener in unserem Land. Nach der gerade vorgestellten "Roten Liste" der bedrohten Arten sind die Bestände der Feldlerche Alauda arvensis im Land seit 1999 um zehn Prozent, regional sogar um bis zu 50 Prozent zurückgegangen, beim Rebhuhn Perdix perdix hat sich der Bestand halbiert. Auch bei Wiesenvögeln wie Kiebitz Vanellus vanellus, Uferschnepfe, Wiesenpieper Anthus pratensis oder dem Braunkehlchen Saxicola rubetra sieht es schlecht aus. Von 212 Vogelarten in NRW stehen 81 Arten als ausgestorben, vom Aussterben bedroht oder gefährdet auf der Roten Liste. Selbst Arten wie Star Sturnus vulgaris und Sperling Passer domesticus sind bedroht, und Pirol Oriolus oriolus, Kuckuck Cuculus canorus und Mehlschwalbe Delichon urbicum wurden in diesem Jahr in dramatischer Weise seltener.
Tschilp, tschilp" tönt es aus dem Busch am Wegesrand. Hoch oben in der Pappel darüber flötet ein sehr melodisches "düd-liu", während auf der Wiese nebenan ein vehementes Piepen zu vernehmen ist - ein Stück Natur am Niederrhein im Frühjahr 2009. Und eine echte Rarität, denn Haussperling, Pirol und Uferschnepfe werden immer seltener in unserem Land. Nach der gerade vorgestellten "Roten Liste" der bedrohten Arten sind die Bestände der Feldlerche im Land seit 1999 um zehn Prozent, regional sogar um bis zu 50 Prozent zurückgegangen, beim Rebhuhn hat sich der Bestand halbiert.
Auch bei Wiesenvögeln wie Kiebitz, Uferschnepfe, Wiesenpieper oder dem Braunkehlchen sieht es schlecht aus. "Der Rückgang zeigt, dass Artenschutz in den Agrar- und Umweltprogrammen bisher nicht angekommen ist", sagt Bernd Jellinghaus vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Schuld sei vor allem die intensive landwirtschaftliche Nutzung von immer mehr Flächen. Von 212 Vogelarten in NRW stehen 81 Arten als ausgestorben, vom Aussterben bedroht oder gefährdet auf der Roten Liste. Selbst Arten wie Star und Sperling sind bedroht, und Pirol, Kuckuck und Mehlschwalbe wurden in diesem Jahr in dramatischer Weise seltener. Nach aktuellen Zählungen schlägt der Nabu Alarm: Droht uns 2010 ein stummer Frühling?
Ganz so schlimm wird es wohl nicht werden, aber: Wenn jetzt nicht rasch gehandelt wird, dürfte es für manche Vogelart in den nächsten Jahren ziemlich eng werden. Denn die Landwirtschaft hat sich industrialisiert: Bauer sein lohnt sich nur, wenn große Flächen intensiv bewirtschaftet werden, und so wird der letzte Winkel der Flächen gepflügt, bespritzt und bepflanzt - Rückzugsflächen für viele Vogelarten gibt es dann nicht mehr.
Wo früher viele kleinere Bauern teils in extensiver Bewirtschaftung, teils über ein oder zwei Jahre gar nicht säten und ernteten, ist jetzt eine Kultursteppe entstanden, mit Raps- und Maisfeldern, so weit das Auge reicht. Gab es einst zehn Ackerrandstreifen, Feldwege oder Hecken, ist jetzt nur noch einer. Vögel finden weniger Schutz, Nistmöglichkeiten und Nahrung. Es gibt immer weniger Brachflächen, auf denen Insekten und Schnecken leben, von denen die Vögel sich und ihre Jungen ernähren - und wenn, werden sie oft von Erholungssuchenden Menschen genutzt. "Statt vieler kleiner alter Feldwege mit einem Erdstreifen in der Mitte, gibt es nur noch einen asphaltierten", sagt Jellinghaus. Der Haussperling kann keine Staubbäder mehr nehmen, um Milben aus den Federn zu schütteln. "Oft sind es nur Kleinigkeiten in der Struktur der Landschaft, die man korrigieren müsste", sagt Jellinghaus. Ein Randstreifen am Feld voller Kräuter biete Insekten und Vögeln Nahrung, ein Stück freie Fläche könne helfen.
Zwar hat die Landesregierung 2007 "Richtlinien zur Förderung einer markt- und Standortangepassten Landbewirtschaftung" erlassen und gibt Bauern Geld, die eine vielfältige Fruchtfolge einhalten, Unkräuter am Feld-, Wald- und Wegesrand stehen lassen und ökologischer bewirtschaften.
Doch der Preisdruck in der Landwirtschaft scheint so groß zu sein, dass von diesen Förderprogrammen nur zögerlich Gebrauch gemacht wird. 320 Millionen Euro sind bis 2013 für diese "Agrarumweltmaßnahmen" vorgesehen, aber wie viel davon tatsächlich bedrohten Vogelarten nützt, weiß niemand. Immerhin wurden allein 2007 etwa 14 Millionen Euro für Extensivierung und über 10 Millionen für Vertragsnaturschutzmaßnahmen ausgezahlt, aber nur 800 000 Euro für Flächenstilllegungen. Und genau diese Brachflächen wären für viele Tiere ideal.
Allerdings bringt es auch nichts, bisheriges Acker- und Weideland einfach sich selbst zu überlassen. "Das verbuscht in kurzer Zeit, und Wiesenvögel haben darin keine Chance. Denn sie sind nur dank menschlicher Bewirtschaftung in den letzten 200 Jahren häufiger geworden", sagt Jellinghaus. Also könne auch nur der Mensch dafür sorgen, dass sie weiter eine Zukunft in der modernen Landwirtschaft hätten. Immerhin lobt der Nabu Umweltminister Eckard Uhlenberg (CDU) dafür, dass er durch die geschickte Nutzung von EU-Mitteln 50 Millionen Euro für den Artenschutz mobilisiert habe. "Aber der Minister muss größere Schritte machen und zudem auf den Rückhalt seiner Kollegen aus den übrigen Ressorts zählen können", fordert Nabu-Chef Josef Tumbrinck. Die Landesregierung müsse den Umwelt- und Naturschutz endlich als Querschnittsaufgabe begreifen, bei dem jedes Ressort gefordert sei. Und: Außerhalb von Schutzgebieten geht es vielen Vögeln schlecht. Jäger und Fischer fordern den Abschuss von Kormoranen, und die Jagd auf Wildgänse wird immer wieder hitzig diskutiert.
Auf Bauernhöfen werden Hohlräume und Löcher unter Dächern geflickt, die Tiere finden keine Nisthöhlen mehr, und mancher wundert sich im Sommer über die vielen Fliegen und Spinnen - kein Wunder, wenn er zuvor die Insekten fressenden Vögel vergrault hat. Die Wärmedämmung an Gebäuden stopft alle Fugen und Ritzen zu. "Dabei gibt es heute sogar Dämmungen, in die ohne Aufwand Nisthilfen für Mauersegler eingearbeitet werden können", sagt Jellinghaus. Der Nabu sei mit Architekten im Gespräch, um Bauherren darauf hinzuweisen.
Überhaupt reichen oft kleine Maßnahmen, um Tieren zu helfen. So versucht der Nabu zusammen mit dem Deutschen Bauernverband Landwirte für sogenannte "Lerchenfenster" zu gewinnen. Feldlerchen Alauda arvensis brüten am Boden; in dicht zugewachsenen Wintergerstefeldern geht das nicht. "Deswegen bitte wir die Landwirte, beim Säen ein paar Meter freizuhalten, und im Frühjahr baut die Lerche dort ihr Nest", sagt Jellinghaus, der weiß, "dass viele Landwirte im Moment ganz andere Sorgen haben als Vögel". Aber wenn die Maßnahmen doch teilweise so einfach umzusetzen seien, warum nicht? So könnten Bauern ihre Stallfenster offen halten, damit Schwalben im Stall Nester bauen können, und eine Hofecke ungepflastert lassen, damit die Tiere an Pfützen trinken oder Nistmaterial besorgen könnten.
Ein weiteres großes Problem: Jeden Tag würden 15 Hektar Fläche für Industrie, Hausbau oder Straßen zubetoniert. Minister Uhlenberg habe zwar 2007 versprochen, diese Entwicklung zu stoppen, doch passiert sei seither nicht viel. "Gemeinden sollten Industriebrachen umwidmen, anstatt die Landschaft zuzubauen", sagt Jellinghaus.
Von Robert Lücke, 4. Oktober 2009
Quelle: Welt Online
http://www.welt.de/die-welt/vermischtes/article4727813/Sag-mir-wo-die-Vo...
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