Schweizer Gewässer sind mit einem Cocktail von Pestiziden belastet. Manche dieser Substanzen wie Insekten- und Pilzgifte würden bei den Überwachungsprogrammen zu wenig beachtet, urteilen nun Forschende in einer in der Fachzeitschrift «Aqua Gas» veröffentlichten Studie. Der Grund ist laut den Wissenschaftlern der Wasserforschungsanstalt Eawag, dass Insektizide und Fungizide in Gewässern meist in geringeren Konzentrationen vorliegen als Unkrautvernichter (Herbizide). Dadurch waren sie bislang schwerer nachzuweisen. Doch seien gerade Insektizide sehr toxisch und vermutlich der Grund, warum es in Flüssen oft keine Insekten mehr gibt. Das Projekt «Nawa Spez» hatte bereits letztes Jahr zu Tage gefördert, dass Schweizer Flüsse mit zahlreichen Pflanzenschutzmitteln verunreinigt sind. Dafür waren fünf typische Schweizer Bäche auf Pestizide untersucht worden. Im aktuellen Artikel setzt sich das Team um Juliane Hollender nun detaillierter mit den Insekten- und Pilzgiften auseinander und bezieht alle wichtigen Insektizidgruppen ein, wie die Umweltchemikerin erklärte.
Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die langfristigen Qualitätsziele häufig überschritten wurden – insbesondere bei der Insektizidgruppe der Pyrethroide, die gegen Tierparasiten und Schadinsekten im Landbau eingesetzt werden.
«Es hat uns überrascht, dass wir so viele Insektizide gefunden haben, obwohl die Einsatzmengen deutlich geringer sind als bei den Herbiziden», sagte Hollender.
«Die in unseren Gewässern vorkommenden Konzentrationen sind vermutlich sehr kritisch für Wasserorganismen wie Wasserflöhe.»Juliane Hollender
Im heutigen Routinemonitoring für den Gewässerschutz seien die Insektizide und Fungizide untervertreten und daher werde ihre Belastung deutlich unterschätzt, schreiben die Forschenden.
Insektizide besser überwachen
Die vielen Überschreitungen von Grenzwerten zeigten, dass insbesondere Insektizide für das Gewässer viel wichtiger seien, als es die Monitoringprogramme nahelegten. Es sei daher nötig, in Zukunft mehr Insektizide routinemässig zu analysieren. Dafür seien zum Teil Spezialmethoden notwendig.
Dieser Forderung schliesst sich auch die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva an. Sie fordert die Kantone auf, auch Pilz- und Insektengifte in ihre Monitoringprogramme aufzunehmen. «Da der Bund derzeit eine Strategie Pflanzenschutzmittel ausarbeitet, ist dies der richtige Zeitpunkt», sagte Aqua Viva-Geschäftsführer Stefan Kunz in einer Mitteilung der Organisation.
Vor allem aus Landwirtschaft
Insekten- und Pilzgifte würden vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt, insbesondere im Obst- und Gemüsebau, erklärte Hollender. Die Hälfte der Insektizide und 20 Prozent der Fungizide würden aber auch im Siedlungsgebiet und in Gärten als Schädlingsvernichtungsmittel genutzt, so dass auch aus dieser Quelle eine Belastung komme.
Für das Projekt wurden die Flüsse Salmsacher Aach (SG), Furtbach (ZH), Surb (AG), Limpach (SO) und Mentue (VD) untersucht. Laut den Forschern sind ähnlich hohe Belastungen auf weiten Strecken des Schweizer Gewässernetzes zu erwarten.
Das Projekt wurde im Auftrag des Bundes in Zusammenarbeit zwischen Eawag, Bundesamt für Umwelt (Bafu) und fünf Kantonen durchgeführt. Sie hatten die fünf Flüsse zwischen März und Juli 2012 auf gut wasserlösliche synthetische Pflanzenschutzmittel und Biozide untersucht.
(pst/sda)
Quelle: Berner Zeitung, 08.04.2015
http://www.bernerzeitung.ch/wissen/natur/Studie-PestizidCocktail-belast…
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