Sie sind nicht das Ziel der landwirtschaftlichen Spritzmittelausbringungen, trotzdem leiden auch Wildvögel unter den Auswirkungen des Gifteinsatzes. Quasi ein Kollateralschaden im Kampf gegen Pflanzenschädlinge. Ackerbauliche Flächen werden in Deutschland größtenteils als Monokulturen betrieben. Hektargroße Flächen, auf denen nur eine einzige Pflanzenart wächst. Aber so schön fürs Auge auch – beispielsweise – die riesigen Rapsfelder sind, diese Monokulturen sind sehr anfällig für Schädlinge. Damit die Pflanzen trotzdem ungestört gedeihen, werden auf den Flächen mehrfach im Jahr Pestizide versprüht: Insektizide gegen Fraßschädlinge (wie Insekten), Herbizide gegen Unkraut, Fungizide gegen Pilzbefall. Mehr als 90 Prozent der deutschen Ackerbauern arbeiten so. Die Spritzmittel sind effektiv – sehr effektiv. Peter Berthold, früherer Direktor der Vogelwarte Radolfzell am Bodensee, erinnert sich: "Wenn man früher im Auto gefahren ist, vor allem in warmen Nächten, dann hat man so viele Insekteneinschläge gehabt, dass man mehrfach in der Nacht an eine Tankstelle musste. Nicht um zu tanken, sondern um die Windschutzscheibe zu reinigen." Heute hingegen sehe er immer weniger Insekten. Doch diese Insekten sind eine der Hauptnahrungsquellen der meisten Vögel.
Ebenso Wildkräuter, die durch den konsequenten Einsatz von Herbiziden aus den Äckern und deren Umfeld fast vollständig verschwunden sind. "Die Spritzmittel vernichten beispielsweise im Weizenfeld alle zweikeimblättrigen Pflanzen", erläutert Berthold, "also die Mohnblumen, die Kornblumen, die Kornraden, die Stiefmütterchen und ungefähr 200 weitere Arten. Und die haben alle früher Samen gebildet, sodass allein in den Weizenfeldern in den 1950er-Jahren noch bis zu einer Million Tonnen Sämereien von diesen Wildkräutern produziert worden sind." Samen, die ebenfalls eine wichtige Nahrungsquelle für viele Vogelarten waren.
Das mangelnde Futterangebot wirkt sich in einem drastischen Rückgang der Wildvogelpopulationen aus. Einer Studie britischer Forscher aus dem Jahr 2014 zufolge hat die Zahl der Vögel in Europa in den vergangenen 30 Jahren um mehr als 420 Millionen abgenommen.
Autor: Thomas Wagner (NDR). Stand: 16.04.2016
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/singvoege…
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