Es sind kaum noch Bestäuber unterwegs

Es ist Frühling, Mai, warm, sonnig – und unter einem Kirschbaum in Vollblüte ist genau eine Hummel zu hören! Es müssten Hunderte sein. Dazu Bienen, Bienen, Bienen! Genau eine Honigbiene habe ich bei einer etwas genaueren Nachsuche noch entdecken können. Einige Wildbienenarten tummeln sich immerhin noch an den Wildblumen am Teich – aber im Kirschbaum ist es viel zu still. Ich mache mich auf an den Waldrand. Dort stehen weitere Bäume. Aber auch hier das gleiche: Es sind kaum Insekten unterwegs. Das ist alarmierend. Und die Beobachtung ist leider keine Ausnahme. Ein NRZ-Leser hat mir genau solche Beobachtungen auch geschildert: Es sind kaum noch Bestäuber unterwegs – was wird das für die Obsternte bedeuten?

Der Rückgang der Insekten
Das Thema wird mittlerweile auch von den großen Medien aufgegriffen. Nach dem Bienensterben, das zu recht in den Vorjahren immer mal wieder thematisiert wurde, hat sich jetzt auch die FAZ unter dem Titel „Der Trend geht zur sauberen Windschutzscheibe“ mit dem dramatischen Rückgang der Insekten befasst.

Dabei geht es zum einen um den Rückgang der Arten. Artensterben heißt Verlust von Biodiversität. Was wir in den Tropen immer wieder beklagen, haben wir als Problem genau so dick vor der eigenen Haustür liegen. Nur geht es hier nicht um Leoparden und Löwen sondern um Florfliegen, Schmetterlinge oder Käferarten. Die FAZ hat Forschungsergebnisse aus einem Naturschutzgebiet bei Regensburg zitiert: Wo Mitte des 19. Jahrhunderts noch 117 Schmetterlingsarten festgestellt werden konnten, sind es heute nur noch 71. Ein dramatischer Verlust, selbst in einem Naturschutzgebiet.

Der zweite wichtige Faktor ist der Rückgang der Insektenzahlen insgesamt. Bei Krefeld werden zu Forschungszwecken Insekten in Sammelfallen erfasst. Ein Ergebnis: 1989 wurden in einer Falle noch rund 1,4 Kilogramm gefangen. 2013 nur noch 294 Gramm.

Eine tödliche Wüste für Insekten
Die Ursachen sind bekannt und es überrascht kaum, dass die intensive Nutzung der Landschaft mit der Monotonisierung der Flächen ganz obenan steht. Wo es an Blüten fehlt, können keine Blütenbestäuber leben. Und so wird das Einheitsgrün unserer Feldflur zur tödlichen Wüste für eine Vielzahl von Insekten. Dazu kommt noch, dass ständig mit der Giftspritze hantiert wird. Allein 2014 wurden nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums über 117.000 Tonnen Spritzmittel verkauft. Die Anzahl der Mittel und Wirkstoffe nimmt ständig und stetig zu. Vor allem im Bereich Landwirtschaft, aber auch im Forst und in Gärten kommen solche Gifte zum Einsatz – und wohl nicht zu knapp. Denken Sie selbst in ihrem Umfeld auch immer daran: Wer spritzt, tötet!

Beim Umweltbundesamt liest man auf der Homepage zum Thema „Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft“ im fett gedruckten ersten Absatz: „Während der Absatz von Pflanzenschutzmitteln in den letzten Jahren weiter angestiegen ist, nimmt die Biodiversität in der Agrarlandschaft weiter ab.“

Kein Wunder, dass es da auch bei uns nicht mehr unter dem Kirschbaum summt und brummt.

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