Kiebitze und Unken verschwinden im Rhein-Main-Gebiet

Als besonders bedrohlich erweist sich die immer intensivere Landwirtschaft. „Auf den Äckern und Wiesen stellen wir einen massiven Artenrückgang fest“, sagt NABU-Mitarbeiter Mark Harthun. Acker-Bodenbrüter wie Feldlerche (Alauda arvensis) und Kiebitz (Vanellus vanellus) gebe es in Hessen immer seltener. Auf den Äckern nisten die Tiere nicht, weil Jahr für Jahr in riesigen Mengen Pestizide gesprüht werden. Nicht nur wegen der Giftstoffe selbst, sondern auch weil die Getreide- und Grashalme durch das Düngen immer dichter wachsen, brüten dort kein Vögel mehr, wie es heißt. Sie könnten nicht mehr beobachten, ob sich Feinde, etwa Füchse, näherten, und scheuten deshalb Wiesen und Felder. Typisches Opfer der modernen Landwirtschaft ist das Braunkehlchen (Saxicola rubetra), das jahrhundertelang auf Zaunpfählen saß, um einen guten Überblick zu haben. Jetzt gebe es kaum noch Pfähle auf den Feldern, sagt Harthun. Verschwunden sind auch Auen und Auwälder, die es früher an allen Flüssen gab und die ursprünglich zu den artenreichsten Lebensräumen zählten. Dort fühlte sich einst die Nachtigall (Luscinia megarhynchos) wohl, die man mittlerweile fast nur noch aus Frühlingsliedern kennt. Auch Amphibien wie Gelbbauchunke (Bombina variegata) und Kreuzkröte (Epidalea calamita, Synonym: Bufo calamita), laut EU streng geschützte Arten, können ohne feuchte Wiesen und Tümpel, die durch regelmäßiges Hochwasser entstehen, nicht überleben.

Selbst ganz normale Wiesen sind kaum noch zu finden. Entweder werden die Flächen zu Ackerland gemacht, oder aber sie werden so stark gedüngt, dass sich nur noch Gras, Löwenzahn und Butterblume durchsetzen. „Es fehlen die blütenreichen Wiesen“, sagen Experten. Das bedeute nicht nur Monotonie in der Pflanzenwelt. Auch die Vielfalt der Insekten, etwa unter den Schmetterlingen, nehme ab.

In diesem Frühjahr haben die Ergebnisse einer Erhebung von Nabu und Krefelder Insektenkundlern für Aufregung gesorgt. Sie stellen seit Jahren Insektenfallen auf und vergleichen die Mengen. Dabei registrierten sie nun, dass innerhalb von 20 Jahren die Zahl der Insekten um bis zu 80 Prozent gesunken ist. „Wissen Sie noch, wie viele tote Insekten früher nach einer langen Autofahrt an der Windschutzscheibe klebten?“, fragt Harthun. Mittlerweile bleibe sie fast sauber.

Quelle: Frankfurter Allgemeine, 25.05.2016
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/rueckgang-der-artenvielfalt-in-rh…