Schweizweit sind kleinere Fliessgewässer mit Giften verseucht

Sie sind unscheinbar und doch überall vorhanden. Kleine Bäche prägen das Landschaftsbild. Sie machen rund drei Viertel des 64 000 Kilometer grossen Schweizer Gewässernetzes aus. Doch sie sind oft kein guter Lebensraum mehr. Gründe sind Pestizide, die das Wasser für Wassertiere vergiften. Insbesondere am Anfang von Regenphasen gehen die Ausschläge hoch. Aber auch zwischen diesen Höchstwerten gibt es in vielen Bächen der Schweiz nachweislich Rückstände von Pestiziden. Dies zeigt eine Studie, die im Auftrag des Bundesamts für Umwelt realisiert wurde. Von den 250 Proben in fünf Bächen überschritt bei 80 Prozent der Proben mindestens ein Pestizid die Grenzwerte der Gewässerschutzverordnung. Der konstante Mix an Pestiziden hat Folgen für die Natur. In der Studie wurde mit einem Biotest gezeigt, dass Bachflohkrebse in solch belasteten Gewässern eine höhere Sterberate aufwiesen und sich auch auffällig lethargisch verhalten haben. Studienautorin Marion Junghans vom Ökotoxzentrum erklärt: «Der laufend ändernde Mix vieler Stoffe in problematischen Konzen­trationen lässt den Organismen in vielen Fällen keine Erholungszeit.» Und die kleinen Bäche seien von speziellem Interesse, da sie Rückzugsort und «Kinderzimmer für Wasserlebewesen wie Fische sind. Für Menschen bestehe aber keine direkte Gefahr, wenn sie mit dem Wasser in Berührung kommen», ergänzt ihr Autorenkollege Heinz Singer. Betroffen sind Lebewesen, die sich dauernd im Wasser aufhalten. Beim Bund ist derzeit ein Aktionsplan Pflanzenschutzmittel in Erarbeitung. Er zeigt unter anderem ­Alternativen zum Pestizideinsatz auf, wie die mechanische Unkrautbekämpfung. Zudem soll besser über die Risiken informiert werden. Im Sommer soll die Vorlage ins Parlament kommen.

Für Pro Natura gehen die Massnahmen zu wenig weit. «Die angestrebte Reduktion der Pestizidrisiken um 50 Prozent ist zu wenig sportlich», sagt Rico Kessler, der bei Pro Natura die Abteilung Politik und Internationales leitet. Zudem sei der ganze Plan zu schwach und behandle aus Sicht von Pro Natura vieles, das schon Standard sein sollte.

Quelle: Luzerner Zeitung, 09.05.17
http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/zentralschweiz/zug/kleine-bae…