Die Kulturlandschaft droht zur Agrarsteppe zu werden

Rachel Carson hatte in ihrem berühmten Buch „Der Stumme Frühling“ (deutsche Ausgabe 1962) besonders den Pestizideinsatz in der Landwirtschaft kritisch unter die Lupe genommen und seine Wirkungen auf Mensch und Umwelt, insbesondere die Vögel, thematisiert. Wissenschaftlich umfassend und ausführlich mit Fakten unterlegt brachte es der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in seinem immer noch klassischen Sondergutachten „Umweltprobleme der Landwirtschaft“ im Jahr 1985 auf den Punkt. Die außerordentliche Produktionssteigerung in Pflanzenbau und Tierhaltung der letzten Jahrzehnte habe eine problematische Lage herbeigeführt – so die „Umweltweisen“ unter Vorsitz von Prof. Wolfgang Haber damals, die eine Neuorientierung sowohl agrarpolitisch als auch umweltpolitisch geboten erscheinen lasse.

Die Kulturlandschaft drohte zur Agrarsteppe zu werden, weil
1. immer größere und leistungsstärkere Geräte eine maschinengerechte, also ausgeräumte Landschaft erforderten. Feldgehölze, Hecken, Feldraine und andere naturbetonte Biotope und Landschaftsbestandteile blieben bei Flurbereinigungsverfahren meist auf der Strecke. 2. Hochertragssorten optimale Standortbedingungen brauchten, und das hieß fast überall hoher Nährstoffgehalt und mittlere Feuchtigkeit im Boden. 3. unerwünschte, weil ertragsmindernde Konkurrenten, die den Deckungsbeitrag schmälern, also kurz gesagt pflanzliche und tierische Schädlinge mit chemischen Pflanzenschutzmitteln wirksam bekämpft und dezimiert wurden. Als Gegenmaßnahme forderte der SRU 1985 unter anderem den Aufbau eines Biotopverbundsystems aus größeren ökologischen Vorrangflächen und kleinflächigen, punkt- und linienförmigennaturbetonten Biotopen, die so miteinander verbunden werden, dass wieder „übergreifende biotische Zusammenhänge hergestellt werden“, d. h. ein genetischer Austausch stattfindet. Damit könnte im Sinne einer Arche Noah wenigstens in miteinander in Verbindung stehenden Rückzugsgebieten wildlebenden Tieren und Pflanzen ausreichend (Über-)Lebensraum in der Agrarlandschaft geboten werden.
Quelle:
Durch Umweltschutz die biologische Vielfalt erhalten. Ein Themenheft des Umweltbundesamtes zum Internationalen Jahr der Biodiversität (Beilage)