OVG Lüneburg: Pflanzenschutzmittel dürfen Nahrungsquellen von Bienen nicht vergiften

Pflanzenschutzmittel dürfen Nahrungsquellen von Bienen nicht vergiften. Das ergibt sich aus zwei Urteilen des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg vom 20.08.2013. Das Gericht hat entschieden, dass bienengefährliche Pflanzenschutzmittel unter anderem auf Kartoffeln bereits dann nicht mehr angewandt werden dürfen, wenn damit zu rechnen ist, dass Bienen innerhalb des Wirkungszeitraums des Mittels die behandelten Pflanzen zwecks Nahrungssuche anfliegen. Die Revision wurde nicht zugelassen (Az.: 10 LC 113/11 und 10 LC 131/11).

Der Kläger hat einen landwirtschaftlichen Betrieb und baut Kartoffeln an. Für das Jahr 2006 erhielt er eine produktionsbezogene Beihilfe für den Anbau von Stärkekartoffeln sowie eine allgemeine Betriebsprämie. Beide Beihilfen sind daran gebunden, dass der Landwirt allgemeine Anforderungen beachtet. Hierzu zählt auch die sachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Die beklagte Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat die gewährten Beihilfen jeweils um 5% gekürzt und den überzahlten Betrag zurückgefordert. Dies begründet sie damit, der Kläger habe Ende Juli 2006 seine Kartoffelpflanzen mit einem bienengefährlichen Pflanzenschutzmittel behandelt. Dies hätte er aber unterlassen müssen. Denn seine Kartoffelpflanzen seien damals stark mit Blattläusen befallen gewesen, sodass sich Honigtau gebildet und Bienen angelockt habe. Tatsächlich hätten deshalb Bienen die Felder des Klägers beflogen und seien massenhaft verendet.

Der Landwirt sieht in seinem Handeln keinen Verstoß gegen die Bienenschutzverordnung. Danach sei es nur verboten, bienengefährliche Pflanzenschutzmittel anzuwenden, wenn die Pflanzen im Anwendungszeitpunkt tatsächlich von Bienen angeflogen würden. Dies sei vorliegend jedoch Ende Juli 2006 nicht der Fall, zumindest für ihn trotz Kontrollen nicht zu erkennen gewesen, so der Landwirt.

Während das Verwaltungsgericht diesem Verständnis der Bienenschutzverordnung gefolgt ist und den Klagen des Landwirts in beiden Verfahren stattgegeben hat, hat sich das niedersächsische OVG der Ansicht der beklagten Landwirtschaftskammer angeschlossen, die Urteile des VG geändert und die Klagen gegen die Kürzung abgewiesen. Das von der Beklagten vertretene Begriffsverständnis sei vom Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Bienenschutzverordnung gedeckt und entspreche allein dem Sinn und Zweck der Norm. Zudem sei die Verordnung gerade deshalb erweitert worden, um auch Pflanzen mit Honigtaubildung als Nahrungsquelle für Bienen besonders zu schützen, so das OVG. Andernfalls wäre der gewollte Bienenschutz unvollkommen.

Dem Landwirt bleibe aber die Möglichkeit, seine Pflanzen frühzeitig, also vor einer Honigtaubildung, zu behandeln oder danach ein weniger bienengefährliches Mittel anzuwenden, betont das OVG. Notfalls müsse er eine Ausnahmegenehmigung beantragen und rechtzeitig vor der Behandlung alle Imker im Umkreis benachrichtigen. Da nach den Feststellungen des OVG die Kartoffelpflanzen des Klägers Ende Juli 2006 tatsächlich stark mit Blattläusen befallen waren und sich Honigtau gebildet hatte, seien seine Pflanzen als Nahrungsquelle für die im näheren Umkreis von bis zu zwei Kilometern befindlichen Bienen mehrerer Imker in Betracht gekommen.

Der Kläger hätte deshalb nicht mehr mit dem bienengefährlichen Mittel Tamaron spritzen dürfen. Er habe insoweit auch fahrlässig gehandelt. Denn auf ein solches Verbot seien die Kartoffelanbauer in Niedersachsen im Juli 2006 mehrfach hingewiesen worden. Daher sei die auch nachträgliche Kürzung der Prämien um 5% nicht zu beanstanden. Ob tatsächlich Bienen infolge des Einsatzes von Tamaron durch den Kläger verendet sind, musste das OVG eigenen Angaben zufolge nicht klären.
Quelle: Beck aktuell, 20.08.2013

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