Runder Tisch zum Thema “Bienensterben und Neonikotinoide” im österreichischen Parlament

Am 11. September 2012 fand im österreichischen Parlament ein Runder Tisch zum Thema “Bienensterben und Neonikotinoide” statt. Beim Runden Tisch hat der Toxikologe Henk Tennekes ein Referat gehalten (Beilage). Tennekes hat sich mit der Wirkung der umstrittenen Neonikotinoide auf Bienen befasst. Der Runde Tisch steht wohl im Zusammenhang mit der AGES-Studie zu den Neonikotinoiden und dem Beschluss des Landwirtschaftsausschusses des Nationalrates, eine Expertengruppe zum Thema “Bienensterben” einzusetzen. Der Niederländer Henk Tennekes hat als einer der Ersten die Wirkungsweise von Maisbeize und Zusammenhänge mit dem Bienensterben erforscht. Anhand seiner Ergebnisse warnt er vor einer drohenden "Apokalypse". Das Referat stand unter dem Titel “Das Ende der Artenvielfalt: Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel”.

Aus den Unterlagen lässt sich erkennen, dass Tennekes drastische Auswirkungen durch den Einsatz von Neonikotinoiden in Insektiziden erwartet: Seinen Ausführungen zufolge kommt es durch eine fortdauernde Einwirkung von Neonikotinoiden auf Lebewesen zu einer Summierung der Giftwirkung. Dies hat zur Folge, dass schon kleinste Mengen des Gifts tödlich auf Insekten und indirekt auch auf Vögel wirken. Der Wirkstoff Imidacloprid - ein Insektizid aus der Gruppe der Neonikotinoide - entwickle mit fortschreitender Zeit und bei abnehmender Giftkonzentration "eine enorme Wirkungsverstärkung bei der Sterblichkeit von Honigbienen". Sprich: Je länger der Stoff wirk, desto tödlicher ist er - obwohl die Konzentration inzwischen deutlich abgenommen hat. Daher sei es im Gegensatz zu "normalen" Giftstoffen in diesem Fall volkommen sinnlos, einen höchstzulässigen Grenzwert festzusetzen, betont Tennekes. "Werden Bienen Imidacloprid ausgesetzt, entfaltet es binnen einer Woche eine letale Wirkung". Dazu kommt: Neonikotiinoide sind wasserlöslich und können leicht in Gewässer gelöst werden und sich so ungehindert ausbreiten. In den Niederlanden sei in Oberflächengewässern bereits eine sehr starke Neonikotinoid-Belastung festgestellt worden. "Wenn wir die Insekten ausrotten, ist das ein wichtiger Teil der Nahrungskette - und am Ende dieser Nahrungskette stehen wir selbst". Das ist die "Apokalypse", vor der Tennekes warnt. Tennekes versucht dies mit Zahlen und Grafiken zu Giftwirkung und Vogel- bzw. Insektensterben zu belegen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Befürchtungen von Tennekes nicht verwirklichen. Wenn es auch Studien geben mag, die ein weniger düsteres Bild der Wirkungen von Neonikotinoiden auf die Umwelt zeichnen, so stellt sich doch die Frage, ob wir diesen Wirkstoff wirklich so dringend brauchen, dass wir die möglichen negativen Auswirkungen – die wir ja nie mit Sicherheit prognostizieren werden können – dafür in Kauf nehmen wollen.
Dr. Henk Tennekes war 2010 einer der ersten, der den Rückgang vieler Brutvogelarten mit der verstärkten Anwendung der Pestizid-Stoffgruppe der Neonikotinoide in Verbindung brachte. Er veröffentlichte seine Erkenntnisse im Buch „Disaster in the Making" - „Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel“.

Neonikotinoide sind Insektizide, die seit 1991 im Feldversuch verwendet werden. Sie weisen eine außergewöhnlich hohe Toxizität auf. Die Pestizide werden als sogenannte Beizmittel zur Ummantelung des Saatguts eingesetzt. Da sie wasserlöslich sind, durchdringen sie die gesamte wachsende Pflanze und werden daher als systemische Insektizide bezeichnet. Neonikotinoide sind langlebig, reichern sich im Boden an und können durch Pflanzen und Tiere aufgenommen werden. Daher führen sie zu Schäden in der gesamten Nahrungskette.

Neonikotinoide töten Insekten viel wirksamer als ihre Vorläufer. Der Toxikologe wirft den staatlichen Genehmigungsbehörden vor, diese höhere Wirksamkeit im Zulassungsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Die Stoffgruppe hat 2008 erstmals die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt. Die Pestizide lösten am Oberrhein ein Sterben von Bienenvölkern in einer vorher nicht gekannten Dimension aus. Der über gebeiztes Maissaatgut ausgebrachte Pestizidwirkstoff Clothianidin wurde auf benachbarte Äcker verweht.

Tausende von Bienenvölkern starben, aber auch Wildbienen, Schmetterlinge und weitere Insekten.

Tennekes thematisiert ein Bienen- und Vogelsterben in den Agrarlandschaften. Er benennt die Vogelarten Kiebitz, Rebhuhn und Braunkehlchen mit Rückgangsraten von über 60 Prozent. Viele Vogelarten der Wiesen und Agrarlandschaft, deren Nahrung vorrangig aus Insekten besteht, haben in den letzten Jahren sehr stark abgenommen. Vögel der Agrarlandschaft sind mittlerweile die am stärksten bedrohte Artengruppe in Europa. 66 Prozent aller Feldvogelarten sind bedroht und stehen auf der Roten Liste. Bei Brutvögeln anderer Lebensräume sind es „nur" 39 Prozent.

Der BUND hat das Fachbuch zu Neonikotionoiden und ihren Auswirkungen auf Insekten und Vögel ins Deutsche übersetzen lassen und im Dezember 2011 mit dem Titel „ Das Ende der Artenvielfalt: Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel" auf den deutschen Markt gebracht.

Quellen: Haberleiten.at, 10.09.2012
http://www.haberleiten.at/runder-tisch
http://www.haberleiten.at/bienensterben-unterlagen
BUND Sachsen, 08.05.2012
http://gesunde-westlausitz.de/bund_neu/pages/posts/08.05.12-neuartige-p…
Der Standard (Beilage)