Wenn die Profi-Imker die Hälfte ihrer Völker verlieren, gibt es nicht mehr genügend Bienen, um die Mandel- und Obstbäume zu bestäuben

Dr. Jay Evans hat einen idyllischen Arbeitsplatz. Eine halbe Autostunde von der Hauptstadt Washington entfernt arbeitet er im ländlichen Beltsville in Maryland für das US-Landwirtschaftsministerium - und zwar im Bienenforschungslabor. Das Bienenforschungslabor der US-Regierung sieht mehrere Gefahren für die Bienen. Die immer größeren Monokulturen aus Soja- und Maisfeldern sind für Bienen eine Wüste, in der kaum Klee oder sonstige Blüten zu finden sind. Geschwächte Bienen sind außerdem leichter angreifbar für Parasiten wie die Varroa-Milbe. Doch die Hauptursache für das Bienensterben vermuten die Forscher in bestimmten Pestiziden, die in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen, vor allem sogenannte Neonicotinoide, mit denen das Saatgut gegen Schädlinge gebeizt wird. Obwohl die Aussaat im Boden verschwindet, sind die "neonics", wie sie in Amerika heißen, auch später in den Pflanzen nachweisbar. Ein Verbot bestimmter Pestizide hält er in Amerika jedoch für kaum durchsetzbar. Dagegen würden die Farmer Sturm laufen. Dennoch erkennt Bienenforscher Evans auch bei Amerikas Landwirten ein Umdenken: "Wenn die Profi-Imker die Hälfte ihrer Völker verlieren, gibt es nicht mehr genügend Bienen, um die Mandel- und Obstbäume zu bestäuben. Das ist schlecht für ihre Ernte."

Mit dem Nektar sammeln die Bienen auch Spuren dieser Pestizide ein. "Bienen hatten über Millionen von Jahren eine wunderbare Nahrung, die genau ihre Ansprüche erfüllt", so Bienenforscher Evans. "Mit zusätzlichen Chemikalien kommen sie deshalb nicht klar."

Evans und seine Kollegen wollen es genau wissen: Über 100 Bienenvölker in den umliegenden Wäldern werden unterschiedlichen Mengen an Pestiziden ausgesetzt. Auch wenn Hersteller der Neonicotinoide - wie der deutsche Bayer-Konzern - an andere Ursachen für das Bienensterben glauben, weiß Evans: selbst kleinste Mengen von Chemikalien sammeln sich im Körper der Bienen an.

Die Mandel-Farmer in Kalifornien haben dies im Frühjahr zu spüren bekommen. Weil das Angebot an Bienenvölkern so knapp war, mussten sie den dreifachen Preis für die Bestäubung ihrer Mandelblüte zahlen: "Wenn die Entwicklung so weitergeht", prophezeit Evans, "dann werden viele Farmer wirtschaftliche Probleme bekommen." Wer den Bienen schadet - so Evans - schadet am Ende sich selbst.

Quelle: Tagesschau, 16.05.2013
http://www.tagesschau.de/ausland/bienensterben102.html