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Pestizide gefährden den Ortolan in Deutschland

Kaum größer als ein Spatz, perfekt getarnt im gelblich-grünen, noch jungen Eichenlaub, schmettert ein Ortolan-Männchen sein Lied. Jene Weise, die einst Ludwig van Beethoven beim Komponieren seiner 5. Sinfonie inspiriert haben soll. In Beethovens rheinischer Heimat ist der Vogel längst ausgestorben. Wie im übrigen Westen Deutschlands. Zwei Dinge machen dem Singvogel zu schaffen: in seinem deutschen Brutgebiet nehmen ihm Monokulturen und die intensivierte Landwirtschaft jede Lebensgrundlage.

Das Verschwinden der Schmetterlinge

Rund 3700 Arten von Faltern oder Schmetterlingen (Lepidoptera) gibt es in Deutschland, darunter - neben der riesigen Zahl an Nachtfaltern und Kleinschmetterlingen - etwa 180 oft farbenprächtige Tagfalter, die überwiegend tagsüber unterwegs sind. Doch die Vielfalt schwindet: In Bayern wurden seit 1766 etwa 3250 Arten nachgewiesen. "Ab 2001 fanden wir nur noch 2819 Arten. Weit mehr als 400 Spezies sind nicht mehr nachweisbar, was einem Rückgang von 13 Prozent entspricht", sagt Jan Christian Habel von der Technischen Universität München.

Pflanzen und Tiere der Region Schwalm-Eder sterben aus

Aufmerksamen Naturfreunden wird es vielleicht schon aufgefallen sein: Im Sommer fliegen weniger Schmetterlinge umher, viele heimische Vogelarten sind selten geworden und am Wegesrand gedeihen kaum noch bunte und vielfältige Pflanzen und Blumen. Beobachtungen, die Torsten Cloos, Geschäftsführer des NABU Schwalm-Eder, bestätigen kann: „Grundsätzlich ist in einigen Gebieten der Region ein intensiver Verlust der Pflanzenwelt zu verzeichnen.

Versuchskaninchen Mensch: Pestizid-Grenzwerte bieten keine Sicherheit

«Es wurden keine Grenzwerte überschritten.» So steht es in praktisch jeder Untersuchung zu Pestiziden in Lebensmitteln. Alles also kein Problem? Im Gegenteil, wie Greenpeace Schweiz mit einer Studie jetzt zeigt: Grenzwerte werden auf Wunsch der Industrie so festgelegt, dass diese kaum überschritten werden können. Die Gesamtbelastung durch Giftstoffe, denen jeder Mensch täglich ausgesetzt ist, wird dabei auf mehreren Ebenen völlig ausgeblendet.

Argentinische WissenschaftlerInnen berichten zu Gesundheits- und Umweltfolgen von Gensoja

Die argentinische Wissenschaftlerin Alicia Massarini von der Universität von Buenos Aires zeichnete in Mexiko ein verheerendes Bild von 20 Jahren Gensoja in ihrem Land. Auf dem Forum „Wissenschaft, Technologie und Macht“, veranstaltet von der Organisation ETC und der Vereinigung Gesellschaftlich Engagierter Wissenschaftler*innen UCCS (Unión de Científicos Comprometidos con la Sociedad), beschrieb sie die Folgen für Umwelt, Ernährungsproduktion und Beschäftigung. Der Anbau von Gensoja, der auf einer Fläche von 1 Million Hektar begann, beanspruche inzwischen 22 Millionen Hektar.

Verschmutzung von Chinas Böden erreicht dramatisches Niveau

Experten haben am Samstag vor einer zunehmenden Verschmutzung von Chinas Ackerland gewarnt. Die Kontamination fruchtbarer Erdböden habe bereits große Ausmaße erreicht. Auch Gesundheitsschäden für die Bevölkerung und Auswirkung auf die Wirtschaft des Landes seien nicht mehr auszuschließen. China stellt 22 Prozent der Weltbevölkerung, doch nur neun Prozent der Landesfläche sind landwirtschaftlich nutzbar. Die zunehmende Verseuchung der Böden stellt auch die Nahrungsmittelsicherheit vor Probleme.

Glyphosat schadet Kaulquappen

Landet das Herbizid Glyphosat in Gewässern, verändert sich laut Wiener Forschern die Algenzusammensetzung. Bei niedrigen Wassertemperaturen kann es zudem zu Fehlbildungen beim Erdkröten-Nachwuchs kommen. Obwohl der Wirkstoff speziell auf Pflanzen abzielt, wurden in der Vergangenheit auch Nebenwirkungen auf sogenannte Nicht-Zielorganismen beschrieben. So hat beispielsweise die Forschungsgruppe um Johann Zaller vom Institut für Zoologie der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien im Fachjournal „Scientific Reports“ über reduzierten Nachwuchs bei Regenwürmern berichtet.

Schlechte Bilanz nach 20 Jahre ökologischem Leistungsnachweis

Vor 20 Jahren hat das Stimmvolk den aktuell gültigen Bundesverfassungsartikel 104 Landwirtschaft an der Urne angenommen. Darin verankert ist bis heute der ökologische Leistungsnachweis (ÖLN). Dieser ist Grundlage für den Erhalt von Direktzahlungen des Bundes. Ohne ÖLN keine Bundesgelder. Doch trotz ÖLN ist die Schweizer Landwirtschaft in entscheidenden Bereichen in den letzten 20 Jahren nicht ökologischer geworden, meldet pro Natura. Drei Schlaglichter dokumentieren die Diskrepanz zwischen Versprechen und Realität:

WWF-Studie: Äcker im Rheintal zu nahe an Gewässern

In einer Untersuchung des Wasserforschungsinstituts der ETH (EAWAG) seien in Schweizer Gewässern über 100 Pestizide gefunden worden, heisst es in einer Mitteilung des WWF vom Dienstag. Der intensive Einsatz von Dünger und Pestiziden in der Landwirtschaft gefährde die Wasserqualität. Im Sommer und Herbst 2015 hat nun der WFF die Sicherheitsabstände von 121 Äckern im St. Galler Rheintal zwischen Au und Sevelen untersucht. Das Resultat: In 43 Prozent der Fälle seien die gesetzlich festgelegten Abstände zwischen Ackerflächen und Gewässern zu schmal gewesen.

Die Artenvielfalt hat in Deutschland weiter abgenommen. Hauptursache laut WWF: intensive Landwirtschaft

Plötzlich sind sie nicht mehr zu sehen: der Kiebitz, die Feldlerche, das Rehkitz. Das waren einst Allerweltsarten. Heute sind sie „rar“, sagt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz bei der Umweltorganisation WWF. Jüngst hat er eine Art Weltzustandsbericht vorgestellt, den Living Planet Report 2016. Weltweit haben sich die Bestände der Wildtiere innerhalb von nur vierzig Jahren, von 1970 bis 2012, mehr als halbiert. Jedes Jahr gibt es zwei Prozent weniger Tiere. Der Grund laut Report: Die Menschheit überfordert die Erde.