Syngenta-Studie zum Bienensterben ist eine Mogelpackung

Das Bienensterben bedroht weltweit die Landwirtschaft. Mitverantwortlich dafür sind mutmasslich Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide. Diese generieren weltweit Milliarden-Umsätze für die Industrie, und sie sind auch im Sortiment des Basler Agrarchemie-Konzerns Syngenta zu finden. Das Produkt von Syngenta heisst Thiamethoxam. Vor einem Jahr kündigte Syngenta die Publikation einer umfassende Studie an: «Wir haben Langzeitstudien gemacht im Mais und im Raps, und damit konnten wir zeigen, dass es bei der Anwendung, wie wir sie empfehlen, zu keinen Bienenschäden kommt», sagte Georg Diriwächter, Leiter Registrierung Pflanzenschutzmittel bei Syngenta.

Inzwischen konnte Syngenta die Studie im Wissenschaftsmagazin Plos One publizieren. Renommierte Bienenforscher wie der Schweizer Boris Baer sind überrascht: «Ich habe diese Studie gelesen, wie viele meiner Kollegen, die Honigbienen-Forschung betreiben, und wir schütteln den Kopf.» Zum einen seien Bienenvölker zu wenig weit voneinander entfernt gewesen. Zum anderen habe Syngenta bei einem der Experimente drei von vier Völkern verloren. «Bei derart grossen Mortalitäten stellt sich die Frage, was man tatsächlich noch aussagen kann», kritisiert Baer.

Syngenta schreibt: «Im Bewertungsbericht der European Food Safety Authority haben mehrere Bienenexperten gesagt, dass dies die detaillierteste und umfassendste Studie sei, die sie seit langem gesehen haben für eine regulatorische Risikoeinschätzung.»

Auffällig: Kurz vor Publikation der Studie wechselte eine der Reviewerinnen, die die Studie für Plos One kontrollieren sollte, zu Syngenta. Die Reviewerin hatte zudem schon während der Durchsicht der Studie Kontakt mit Syngenta. Dazu Bienen-Experte Boris Baer: «Das verstösst gegen grundlegende Gepflogenheiten in der Wissenschaft.» Plos One schreibt an «ECO», die Studie sei fachgerecht geprüft worden.

Die Publikation erstaunt auch, weil eine korrekte statistische Auswertung der Ergebnisse fehlt. ETH-Statistiker Werner Stahel ist deshalb sehr skeptisch: «Es ist eine Mogelpackung. Wenn ein Student bei mir vorbei käme mit einem Projekt einer solchen Diplomarbeit, müsste man sagen: Am Schluss kann man gar nichts aussagen, fang gar nicht erst an.» Syngenta betont, die Studie sei in Zusammenarbeit mit französischen Behörden geplant worden. Zudem arbeite Syngenta «nach höchsten ethischen Massstäben und wissenschaftlichen Standards».

Dass der Basler Konzern auch hemdsärmlig vorzugehen weiss, zeigt ein Fall aus den USA. Dort ist das Pestizid Atrazin, das in der Schweiz nicht mehr verwendet werden darf, noch immer zugelassen.

Gemäss Unterlagen, die die Journalisten-Vereinigung «100 Reporters» publizierte, bezahlte Syngenta in den USA Wissenschaftler der Gesundheitsorganisation ACSH dafür, dass sie wohlwollende Artikel über Atrazin in Fachzeitschriften publizierten. Zudem engagierte Syngenta eine Privatdetektei, um Berater der Aufsichtsbehörde zu bespitzeln. Syngenta plante offenbar auch, was der Konzern bestreitet, eine Diffamierungskampagne gegen den kritischen US-Wissenschaftler Tyrone Hayes. In handschriftlichen, syngenta-internen Unterlagen ist zu lesen: «TH paranoid, schizo und narzisstisch».

Der in Lausanne lehrende Unternehmensethiker Guido Palazzo sagt gegenüber «ECO»: «Wenn Sie innerhalb eines Unternehmens das Gefühl haben, Sie sind in einer Art Kriegszustand mit dem Gegner, der Sie vernichten will, dann haben Sie zwei Möglichkeiten. Sie können entweder den Gegner zum Verbündeten machen, also kaufen. Oder Sie können versuchen, ihn unglaubwürdig zu machen, im Extremfall sogar zu zerstören.»

Quelle: SRF, 3. Juni 2014
http://m.srf.ch/news/wirtschaft/gravierende-maengel-in-syngenta-studie-…