Vom Verschwinden der Vögel

Die Lerche ist selten geworden, der Kiebitz fast verschwunden und der Feldsperling ist kaum noch zu sehen. Zahlreiche Vogelarten sind in den vergangenen 50 Jahren aus Europa verschwunden. Der Grund: ihre Lebensräume haben sich dramatisch verändert. Detailliert beschreibt der Geologe und Wissenschaftsjournalist Daniel Lingenhöhl diesen Wandel von Flora und Fauna und erläutert ausführlich die Gründe, die in Städten und ländlichen Regionen zu einem Rückgang der Vögel geführt haben. Ein realistischer Bericht, der nicht nur für Vogelliebhaber und Naturschützer von Interesse sein dürfte.

Denn dem Autor ist es gelungen, biologische und ökologische Zusammenhänge sehr verständlich zu erläutern. Auch optisch ist das Buch mit über 80 Vogel- und Landschaftsaufnahmen ein Genuss.

Allerdings muss der Leser auch etwas Statistik in Kauf nehmen. Der Autor hat sehr akribisch Daten und Zahlen aus aktuellen Studien zusammengefasst, um die Entwicklungen in der Vogelwelt zu dokumentieren. Darunter finden sich etliche interessante Details: Zum Beispiel, wie hoch der Verbrauch an Düngemitteln in der Landwirtschaft ist, welche Substanzen heute verwendet werden oder wo bestimmte Vogelarten besonders bedroht sind. Auch Positives kann der Autor berichten, denn einige Arten, die lange auf der roten Liste standen, konnten sich durch Hilfsmaßnahmen wieder erholen. Darunter zum Beispiel der Storch, für den Nistplätze geschaffen wurden und der heute eine große Popularität genießt.

Ein besonders interessanter Aspekt ist, dass es heute zwar mehr Vogelarten gibt, aber insgesamt weniger Vögel. Wie es dazu kommen kann, zeigt ein Beispiel aus dem Rhein-Neckar-Gebiet. Hier leben seit einigen Jahren vermehrt Kolonien von Halsbandsittichen, einer Vogelart, die aus Südostasien und Afrika stammt. Die grünen Vögel mit den roten Schnäbeln sind aus Käfigen entflogen und haben sich in der Umgebung angesiedelt.

Daniel Lingenhöhl hat mit vielen Wissenschaftlern und Vertretern von Naturschutzverbänden gesprochen, und zahlreiche Vogelwarten und Forschungsinstitute in Europa besucht, um sich vor Ort ein Bild von den verschiedenen Forschungsprojekten zu machen. Ein Resultat dieser intensiven Recherchereise sind zahlreiche anschauliche Landschaftsbeschreibungen, die er an den Anfang jedes Kapitels setzt. Dort beschreibt der Autor, wie er beispielsweise im Süden Spaniens den Flug von Mauerseglern und Schwalben verfolgt oder in seiner Heimat in Heidelberg vergeblich nach Lerchen Ausschau hält.

Durch diese stimmungsvollen Bilder vermittelt er dem Leser die Einzigartigkeit von Natur.

Daniel Lingenhöhl ist Vogelliebhaber, man spürt, wie sehr ihm die Tiere am Herzen liegen. Wiederholt weist er darauf hin, wie lange es dauert bis Giftstoffe verboten werden. Der Einsatz von Substanzen wie DDT wird erst nach Jahrzehnten verboten, bleihaltige Jagdmunition die zu schweren Vergiftungen führt, sind immer noch im Gebrauch, schreibt der Autor. Insgesamt ist seine Darstellung aber sehr sachlich, so dass der Leser genügend Raum hat, um eine eigene Position zu finden.

Ein lesenswertes Buch für Vogelliebhaber und alle, die es noch werden wollen.

Besprochen von Susanne Nessler

Daniel Lingenhöhl: Vogelwelt im Wandel. Trends und Perspektiven
Viley-VCH Verlag, Weinheim 2010
282 Seiten, 24,90 Euro

Quelle: Deutschland Radio
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/1151530/