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In der Region um Krefeld sind 70 Prozent der Hummel-Arten verschwunden

In Krefeld sind in den vergangenen Jahrzehnten von 28 dokumentierten Hummel-Arten 19 ausgestorben; bei den verbleibenden neun Arten geht die Zahl der Individuen beständig zurück. Das ist unterm Strich das Ergebnis von Insektenzählungen, die Fachleute des Krefelder Entomologischen Vereins betreiben. Die Hummeln haben damit Anteil an einem dramatischen Rückgang der Insektenbestände, auf den die Entomologen seit langer Zeit hinweisen - und vor dem sie warnen: "Jede Art hat ihre Funktion im Naturhaushalt; wenn man eine Art verliert, verliert man deren besondere Fähigkeiten", sagt Andreas Müller, Vorsitzender des Entomologischen Vereins Krefeld, "wir wissen nicht, was mit unseren Ökosystemen und unseren Naturschutzgebieten in der Zukunft passiert, wenn man immer mehr Funktionen herausnimmt." Die Krefelder Entomologen betreiben seit 30 Jahren systematisch Insektenzählungen, auch mit neueren Methoden wie den sogenannten Malaise-Fallen, unter anderem im Orbroicher Bruch und im Latumer Bruch. Die so gefangenen Insekten werden dokumentiert und gezählt. "Das Ergebnis ist ein sehr beunruhigender Rückgang an Arten und auch an Masse", resümiert Heinz Schwan, Ehrenvorsitzender des Entomologischen Vereins, "die Hummeln haben Anteil an dieser Entwicklung, die man auch anhand der Entomologischen Sammlungen gut nachvollziehen kann".

Die Ameisen schwinden

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) berichtete in seinem ersten Artenschutz-Report, dass die Populationen von 99 der hierzulande insgesamt 108 Ameisenarten schrumpfen. „Die Bestände von fast 92 Prozent der Arten nehmen derzeit ab“, heißt es in dem Bericht zur Gefährdung dieser Insekten. 56 Arten gelten demnach als bestandsgefährdet, eine als ausgestorben. „Für diesen kurzfristigen Trend haben sich Experten die Entwicklung der Ameisen in den vergangenen 25 Jahren angeschaut“, erläutert Sandra Balzer, Leiterin des Fachgebiets Zoologischer Artenschutz beim Bundesamt. Einen besonders deutlichen Rückgang verzeichnete das Bundesamt bei der Kerbameise Formica foreli und der Großen Wiesenameise (Formica pratensis). Ein Verschwinden der Insekten hätte weitreichende Folgen, sagt Biologe Heinze: „Würde man die Ameisen aus einem Ökosystem entfernen, würde es mehr oder weniger zusammenbrechen oder sich zumindest stark verändern.“

Ermittlung der Biomassen flugaktiver Insekten im Naturschutzgebiet Orbroicher Bruch mit Malaise Fallen in den Jahren 1989 und 2013

Beschrieben werden die Biomassen aus den Ergebnissen von Kartierungen mit Malaise Fallen im Naturschutzgebiet Orbroich, Krefeld. Die Ergebnisse zeigen an zwei Standorten einen hohen Verlust in der vergleichenden Betrachtung der Masse flugaktiver Insekten zwischen den Untersuchungsjahren 1989 und 2013. Über die gleiche Fallentechnik an denselben Standorten wurden jeweils gravierende Rückgänge von > 75% belegt. Diese Daten deuten darauf hin, dass im Gebiet an den untersuchten Teilflächen nur noch weniger als ein Viertel der Masse flugaktiver Insekten in der lokalen Zönose verfügbar ist. Bei der großen Gruppe der Kleininsekten und Spinnen fressenden Vogelarten zeigt sich ein markanter Anstieg der Bestandsrückgänge zwischen dem 25-[1988/90-2009] und dem 12-Jahreszeitraum [1998-2009]: Während bei Betrachtung des Bestandstrends über 25 Jahre etwa ein Drittel (inkl. leichter Abnahmen) der Arten einen Bestandsrückgang zeigt, sind es über den kürzeren Zeitraum fast die Hälfte.

Paul Nothers warnt vor einer Öko-Katastrophe durch den Einsatz neuer Pestizide in der Landwirtschaft

Paul Nothers ist diplomierter Landwirt, passionierter Jäger – und liebt die Natur. Als er vor mehr als 50 Jahren auf den Hof seiner Familie in Orbroich zog, war die Welt noch in Ordnung. „Insekten überall, Wild, Hasen, Rebhühner und Fasane im Überfluss“, erinnert er sich. Singvögel hörte und sah er ständig. Und wenn er eine längere Fahrt im Auto unternahm, musste er danach seine Windschutzscheibe von Insekten säubern. Das ist lange her. Heutzutage gibt es eine Fülle von heimischen Tierarten, die laut Bericht des Bundesumweltministeriums kurz vor dem Aussterben stehen. Für den 82-Jährigen ein triftiger Grund, in seiner Dankesrede zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes (WZ berichtete) an die Gäste aus Verwaltung, Politik, Natur- und Umweltschutz in Krefeld einen dringenden Appell zu richten. Deutschland stehe vor einer ähnlichen Öko-Katastrophe wie die USA in den 60er Jahren, als neue Pestizide auf DDT-Basis und Herbizide wie Agent Orange auf den Markt kamen. Viele dieser tödlichen Gifte sind in den vergangenen Jahrzehnten verboten worden. Neue dafür nachgerückt. Beispielsweise die Neonikotinoide, eine neue Generation von Insektiziden.

Fachbuch »Das Ende der Artenvielfalt – Neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel« von Henk Tennekes - die Bestätigung seiner Thesen kommt aus Nordrhein-Westfalen

Der NABU warnt vor einem neuartigen Insektensterben mit bislang unbekannten Folgen in Deutschland. Allein in Nordrhein-Westfalen sei in den vergangenen 15 Jahren die Biomasse der Fluginsekten um bis zu 80 Prozent zurückgegangen (siehe beiliegende Veröffentlichung). Ähnlich alarmierende Entwicklungen befürchten die Naturschützer in weiteren Regionen Deutschlands und fordern, die Ursachen und das Ausmaß des Insektenschwunds bundesweit schnell aufzuklären. „Unsere Beobachtungen in Nordrhein-Westfalen sind beängstigend. Wenn uns die Fluginsekten fehlen, gerät die gesamte Nahrungskette in Gefahr: Blumen und Bäume werden nicht mehr bestäubt und Mauerseglern und Schwalben fehlt die Nahrungsgrundlage“, warnte Josef Tumbrinck, Landesvorsitzender des NABU Nordrhein-Westfalen. Er stellte am heutigen Mittwoch im Umweltausschuss des Bundestages die Untersuchungsergebnisse des Entomologischen Vereins Krefeld vor, mit dem der NABU zusammenarbeitet. Ehrenamtliche hatten zwischen 1989 und 2014 an insgesamt 88 Standorten in Nordrhein-Westfalen fliegende Insekten gesammelt, ihre Arten bestimmt und sie gewogen. „Während wir 1995 noch 1,6 Kilogramm aus den Untersuchungsfallen sammelten, sind wir heute froh, wenn es 300 Gramm sind“, so Tumbrinck. Der Rückgang von bis zu 80 Prozent beträfe unter anderem Schmetterlinge, Bienen und Schwebfliegen.

Die Neonikotinoide verursachen mit der Ausrottung von Insekten einen Zusammenbruch der Nahrungskette - Rückmeldung MKULNV: Ende der Insektenfresser in NRW?

Sehr geehrter Herr Dr. Tennekes
herzlichen Dank für Ihre e-mail vom 2.2.2016 mit der Sie sich nach den hiesigen Kenntnissen über die Auswirkungen von Neonikotinoiden auf die Nahrungskette erkundigen.

Das von Ihnen angesprochene Thema "Rückgang der Artenvielfalt in der Feldflur" beschäftigt das nordrhein-westfälischen Umweltministerium schon seit mehreren Jahren. Die von Ihnen zitierten Untersuchungen des Entomologischen Vereins Krefeld sind hier ebenfalls bekannt. Zu den Hauptverursachern des seit Jahren zu beobachtenden Biodiversitätsverlustes zählen zum einen die Zerstörung und Fragmentierung von Lebensräumen sowie eine fortdauernde Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung in der Agrarlandschaft. In diesem Kontext dürften auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln resp. Neonikotinoiden eine größere Rolle spielen. In welchem Umfang Neonikotine für den beobachten Rückgang der Insektenfauna ursächlich sind, ist aber nicht geklärt. Überlagert werden die genannten Faktoren vermutlich auch durch die globale Klimaveränderung, die ihrerseits einen - noch nicht zu bilanzierenden - Einfluss auf die Biozönose der Agrarlandschaft haben dürfte.

Umweltgifte wie Blei, Pestizide, Quecksilber fordern jährlich Millionen Tote

Es wird in Bergbaubetrieben gefördert und beim Recycling von Autobatterien freigesetzt: Blei ist einer Studie zufolge das weltweit verheerendste Umweltgift. Etwa 26 Millionen Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommensniveau sind demnach dem Schwermetall direkt ausgesetzt. Das geht aus dem Umweltgiftreport 2015 der Schweizer Stiftung Green Cross und der international tätigen Non-Profit-Organisation Pure Earth hervor. Zu den schädlichsten Umweltgiften zählen demnach auch Quecksilber, sechswertiges Chrom, Radionuklide, Pestizide und Kadmium. Etwa 95 Millionen Menschen seien unmittelbar von diesen Schadstoffen betroffen, heißt es in dem Bericht. Quecksilber wird oft von Kohlekraftwerken ausgestoßen und kommt in vielen Industrieprodukten wie Thermometern und Energiesparlampen vor. Sechswertiges Chrom findet sich unter anderem in gegerbtem Leder und Kochgeschirr aus Edelstahl. Radionuklide werden zum Beispiel beim Abbau von Uran und von radiologischen Produkten in der Medizintechnik freigesetzt. Pestizide kommen vor allem in der Landwirtschaft zum Einsatz. Kadmium entsteht etwa bei der Düngemittelherstellung.

EU-Kommission lenkt bei hormonell wirksamen Chemikalien ein

Vorgestern Nacht erklärte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis gegenüber Mitgliedern des Europäischen Parlaments, die EU-Kommission werde die seit Dezember 2013 überfälligen wissenschaftlichen Kriterien für die Charakterisierung hormonell schädigender Chemikalien noch vor Sommer vorlegen. Bisher hatte sich die Kommission trotz Verurteilung durch den EuGH geweigert, eine diesbezügliche Frist zu nennen. Sie argumentierte, sie wolle zuerst das Ergebnis des “Impact Assessments“ über die sozio-ökonomischen Auswirkungen des 2009 beschlossenen gesetzlichen Verbots hormonell wirksamer Pestizide abwarten. Da die EU-Kommission die mit Dezember 2013 gesetzte Frist für die Vorlage dieser Kriterien tatenlos verstreichen ließ, konnten die in den EU-Pestizid- und Biozid-Verordnungen festgelegten gesetzlichen Verbote hormonschädigender Stoffe nicht rechtswirksam werden. Im Sommer 2014 klagte Schweden die Kommission wegen Untätigkeit. EU-Parlament und EU-Rat schlossen sich der Klage an. Am 16. Dezember 2015 urteilte das Gericht der Europäischen Union: Die EU-Kommission verstoße gegen Unionsrecht, indem sie keine Rechtsakte zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien zur Bestimmung endokrin schädigender Eigenschaften erlassen habe. „Alles hängt nun davon ab, ob die Kriterien, welche die Kommission im Juni vorlegen wird, auch tatsächlich auf den wissenschaftlichen Grundlagen des von der Kommission selbst beauftragten Kortenkamp-Reports basieren oder aber die Vorstellungen und Wünsche der chemischen Industrie widerspiegeln.“ meint dazu DI Dr. Helmut Burtscher, Umwelt-Chemiker von GLOBAL 2000.

BUND Hohenstein beklagt Rückgang der Amphibien im Kreisgebiet

Das Amphibien-Aufkommen im Tal zwischen Holzhausen und Michelbach ist in den letzten Jahren dramatisch eingebrochen. Bis 2011 trugen Helfer vom BUND Aarbergen hier jedes Jahr bis zu 1000 Tiere über die Straße. 2012 waren es noch 100, 2013 wurden nur noch 50 Kröten gezählt. Christian Spath, der Vorsitzende des Hohensteiner BUND. und weitere ehrenamtliche Helfer haben in dieser Saison bislang nur wenigen Amphibien entlang der Krötenzäune über die Straße geholfen. Oberhalb des Hofguts, an der Landesstraße zwischen Steckenroth und Wingsbach, habe man in früheren Jahren 1500 Kröten gezählt. 2014 seien es unter 200 gewesen, weshalb man den mobilen Krötenzaun dort heuer erstmals nicht aufgestellt habe. Am Waldrand jenseits des Hofguts seien ebenfalls kaum noch Amphibien, auch dort hat der BUND in diesem Jahr auf den Krötenzaun verzichtet.

Rückgang der Fledermausarten in NRW

In der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen (2011) werden für Nordrhein-Westfalen 21 Fledermausarten genannt. Die meisten der genannten Arten sind vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet. Eine Fledermausart gilt in NRW bereits als ausgestorben. Lediglich zwei Fledermausarten in NRW werden als ungefährdet eingestuft. Ursache für den Rückgang der Fledermauspopulationen ist insbesondere die Verringerung des Nahrungsangebotes infolge einer intensiver Landnutzung und des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. Fledermäuse sind besonders im Umkreis von Wochenstuben auf das Vorhandensein geeigneter Jagdgebiete angewiesen. Dort müssen sie Insekten in ausreichender Menge und Qualität erbeuten können. Durch der fortschreitenden Intensivierung der Landnutzung reduziert sich das Nahrungsangebot für Insekten und in der Folge das Nahrungsangebot für die Fledermäuse. Regionale Messungen haben ergeben, dass innerhalb der vergangenen 20 Jahre bis zu 80 Prozent der Biomasse aller Fluginsekten in Nordrhein-Westfalen verschwunden sind.