Wissenschaftler des des Instituts für Umweltwissenschaften Landau weisen jetzt nach, dass die mathematischen Modelle zur Bestimmung der Gefahr durch Pilzgifte, die Realität nicht widerspiegeln. Alarmierendes Ergebnis: „In bis zu vier von zehn Fällen war die tatsächliche Belastung der Gewässer höher als vorausberechnet.“ Knapp die Hälfte aller in der EU eingesetzten Pflanzenschutzmittel seien Fungizide, beschreiben die Wissenschaftler der Universität Koblenz-Landau den Anlass für ihre Studie. Bauern spritzen die Gifte „regelmäßig in größeren Mengen“, sagen die Wissenschaftler und wissen: „Etwa bei Regen werden die Mittel in Flüsse und Seen geschwemmt, wo sie in höheren Konzentrationen Effekte auf Tiere und Pflanzen hervorrufen können.“ Viele Fungizide wirkten nämlich nicht spezifisch gegen Pilze, sondern „verhindern allgemeine Prozesse in Zellen wie die Energieproduktion oder deren Teilung“.
Seit über zehn Jahren berechnen Pestizid-Hersteller die Wirkung ihrer Produkte vor der Zulassung in Europa daher mit einem Simulationsmodell. Nur wenn die Werte eine ökologische Wirkschwelle nicht überschreiten, dürfen Bauern die Mittel anwenden.
Bei Insektiziden hatten die Landauer Wissenschaftler bereits vor einiger Zeit belegt, dass Theorie und Wirklichkeit weit auseinander klaffen. Es gäbe „keinen statistischen oder auch nur augenscheinlichen Zusammenhang“, beurteilten sie die Ackergifte.
Nun maßen Ralf Schulz und seine Forschungsgruppe 417 Proben von Fungizid-Rückständen in Sedimenten und Gewässern. Ergebnis: In bis zu 23 Prozent der Fälle überstieg das gemessene Ergebnis den berechneten Wert.
Schlimmer noch: „Nach Eingrenzung auf EU-Studien und 90-Prozent-Werte (Prozentile) ergeben sich mit bis zu 43 Prozent noch höhere Fehlerquoten als bei Pestiziden“, schreiben die Wissenschaftler über ihre Forschung. Im Sediment lagen die Berechnungen sogar um bis zu 76 Prozent neben den Messwerten.
Sie halten daher eine Überarbeitung der Risiko-Einschätzung für zwingend. Denn das Problem werde durch die falsche Berechnung noch verschlimmert: etwa indem dadurch falsche Anwendungshinweise auf die Packungen gedruckt würden. Selbst eine mangelnde Einhaltung von Pufferzonen, so die Forscher aus Landau, würde nur etwa die Hälfte der zu hohen Werte in natürlicher Umgebung erklären: „In neun von zehn Fällen ist die Abweichung zwischen Vorhersage und Realität größer als 30 Prozent.“ Solche Resultate lassen für die Experten nur einen Schluss zu: Die bisherigen Sicherheits-Prüfungen für Pestizide in der EU erwiesen sich „für die Praxis als unzuverlässig“.
Quelle:
Global Magazin, im Dezember 2013
http://globalmagazin.com/themen/natur/eu-pruefung-fuer-pestizide-fuehrt…
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